Kernaussage: Lernen soll Spaß machen. Wer gut analysieren kann, versteht mehr und kann sich besser erinnern.
Lernen ist die Aneignung von Wissen oder Fähigkeiten. Bei den Fähigkeiten kann es sich um geistige oder motorische Fähigkeiten handeln. Zu den geistigen Fähigkeiten gehören z. B. das logische und analytisch-kreative Denken, sowie sprachliche und soziale Fähigkeiten.
Bezüglich Wissen hat Lernen zwei Ziele:
Es gibt zwei Möglichkeiten diese beiden Ziele zu erreichen:
Wenn das Lernen Spaß bringt, dann fällt es uns leichter.
"Menschen nehmen vor allem das wahr, wofür sie sich interessieren und worüber sie schon ein Vorwissen haben. Das ist der Grund dafür, dass alle Sachverhalte, die in Verbindung stehen mit den eigenen Vorlieben, so leicht gelernt werden." (Rost, F. (2018) Lern- und Arbeitstechniken für das Studium. Springer VS, Wiesbaden, S. 43)
Lernen in der Schule bringt keinen Spaß, wenn ...
Im Gegensatz dazu:
(Siehe auch die Studie "Lernen mit Spaß" www.scoyo.de/magazin/lernen/lernen-mit-spass/artikel-studie-lernen-mit-spass/, 04.05.23)
Könnte die Schule, so wie sie in Südkorea ist, ein Vorbild sein für deutsche Schulen?
"Bei Pisa sind Südkoreas Schüler Weltspitze. ... Doch der Erfolg ist teuer erkauft. Ab der Mittelschule beginnt für koreanische Jugendliche der Stress. ... Für deutsche Schüler ist schwer vorstellbar, unter welchem Druck Kinder und Jugendliche in Südkorea stehen. Alles, was Spaß macht, bleibt auf der Strecke. ... Beim Unterricht geht es stets um das Ziel, es später auf eine der Top-Hochschulen zu schaffen." (www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/schuelerdrill-in-suedkorea-lernen-heisst-leiden-a-733533.html, 19.10.22)
Meiner Meinung nach sollten die Bildungsziele der Schulen in Deutschland und auf der ganzen Welt so aussehen:
Begründung für die Ziele:
für 1.) Wenn ich ein gutes Allgemeinwissen habe, kann ich es erfolgreich im Alltag und später im Beruf einsetzen. Allgemeinwissen fördert die Kreativität, weil ich dann Querverbindungen zwischen verschiedenen Themen herstellen kann.
für 2.) Wenn ich analytisch denken kann, kann ich Aufgaben schnell und gut erledigen, denn das Analysieren die Voraussetzung für das Lösen von Problemen. Außerdem hilft es mir, komplexe Informationen klar und verständlich auszudrücken.
für 3.) Wenn ich von anderen lerne und anderen helfe, habe ich viele Freunde. Ich werde selbstbewusster und meine Teamfähigkeit wird besser.
für 4.) Wenn ich Spaß am Lernen habe, dann fällt es mir leicht. Ohne Stress kann ich mich besser konzentrieren.
Wenn ich Informationen habe über eine Sache oder einen Vorgang, dann habe ich Wissen.
Kenntnisse (= Wissen) sind "... das Ergebnis der Verarbeitung von Information durch Lernen." (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32008H0506(01)&from=DE#d1e32-4-1, 07.11.21)
Wissen wird unterteilt in Allgemeinwissen (= Wissen, das schon länger bekannt ist und in Lehrbüchern steht, aber nicht tiefgehend ist), Fachwissen und in Wissenschaft. Wissenschaft ist neues Wissen, dass sich noch ändern kann (siehe auf Learn-Study-Work "Was ist Wissenschaft?").
Beispiel: Vor einiger Zeit hatte ein Wissenschaftler die Idee aus Sonnenlicht Strom zu gewinnen. Er war aber nicht sicher, ob das funktioniert und hat dazu "geforscht" (er hat untersucht, wie das möglich ist). Heute kennt jeder die Solarmodule auf den Dächern. Das Wissen, dass man mit Solarmodulen Strom gewinnen kann, ist zu Allgemeinwissen geworden.
Das Allgemeinwissen und Fachwissen wird weiter unterteilt in Grundlagenwissen und in Detailwissen. In der Schule sollte man sich in vielen Fächern ein sehr gutes Grundlagenwissen aneigenen, von dem man einige Details ableiten kann.Das Grundlagenwissen sollte in der Schule so gut geübt werden, dass man es nie wieder vergisst. Deshalb darf nicht zu viel Wert auf Detailwissen gelegt werden.
Das vertiefte Wissen in einem Fach (Fachwissen) lernt man später durch eine Berufsausbildung bzw. ein Studium. Man kann es sich aber auch durch Selbsstudium aneignen (Bücher, Videos, Internet) oder man fragt eine Fachkraft.
Beispiel: In Chemie sollte man über Sauerstoff wissen, dass dies ein Gas ist und mit vielen Stoffen reagiert. So verdampft bei einer Kerze das Wachs und reagiert mit dem Sauerstoff der Luft in Form einer Flamme, die Wärme und Licht abgibt. Manchmal sollen die Schüler in Chemie lernen, welche Temperaturen die Flamme eines Bunsenbrenners hat, was sie nach einer Chemiearbeit schnell wieder vergessen werden. Das ist Detailwissen, das nur jemand wissen muss, der in einem chemischen Labor arbeitet.
Aber auch das Lernen von Details kann interessant sein, wenn diese gut erklärt werden oder wenn man genug Vorwissen hat und sie sich selbst erklären kann. Detailwissen sollte aber immer auf Grundlagenwissen aufbauen, sonst wird es schnell wieder vergessen (s. u.).
"Weswegen fällt uns das Lernen oft so schwer, obwohl es eine grundlegende Eigenschaft unseres Gehirns ist? ... Unser Gehirn ist eigentlich nicht darauf ausgerichtet, Wissen, insbesondere selten gebrauchtes Detailwissen, zu lernen und zu behalten. Jedes menschliche Gehirn ist evolutionär mehr auf Können und das Sammeln und Generalisieren von Erfahrungen eingestellt, die das Überleben in seiner Umwelt ermöglichen." (Rost, F. (2018) Lern- und Arbeitstechniken für das Studium. Springer VS, Wiesbaden, S. 34)
Das Zitat sagt, unser Gehirn ist "auf das Generalisieren (Verallgemeinern) von Erfahrungen eingestellt". Was heißt das?
"... wenn wir in einer unberechenbaren Welt leben würden, in der sich die Dinge zufällig oder auf sehr komplizierte Weise änderten, dann wären wir nicht in der Lage, die Dinge zu verstehen. Wir leben aber in einem ... Universum, in dem sich die Dinge zwar ändern, aber nach ... Regeln oder, wie wir sie nennen, nach Naturgesetzen. ... Und so wird es möglich, Dinge herauszufinden." (Sagan, C. (2013). Cosmos. New York: Randon House Publishing Group, S. 41)
Es kommt also darauf an zu verstehen, welche Regeln und Fakten unser Leben bestimmen (s. u.).
Wenn ich etwas gelernt habe, dann will ich es nicht gleich wieder vergessen. Aber das Vergessen ist ein natürlicher Prozess:
"Vergessen ist ein wichtiger ... Prozess, der von unserem Hirn aktiv gesteuert wird. Anders wären die fortlaufenden Veränderungen und die enormen Informationsmengen, die ständig auf uns einströmen, nicht organisierbar. ... Vergessen bedeutet, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen [das Unwichtige wird vergessen] ... " (www.br.de/wissen/vergessen-gehirn-strategie-filter-100.html, 05.11.2021)
Wie kann ich tun, damit ich das Gelernte nicht gleich wieder vergesse?
"Wie speichert man Information so, daß sie auch behalten wird?
- Übung
- Verteiltes Lernen
- Elaboration [= etwas verarbeiten]
- Gedächtnisstützen
... Elaboration ist entscheidend" (www.allpsych.uni-giessen.de/thomas/teaching/pdf/G2006/Gedaechtnis2.pdf, 05.11.21)
Es ist klar, dass wir durch "Übung" (hier ist mit "üben" das mehrmalige Wiederholen gemeint) eine Sache auswendig lernen und eine gewisse Zeit erinnern können. Vorteilhaft ist dabei, wenn die Übung über einen längeren Zeitraum stattfindet (= verteiltes Lernen", etwas mehrmals über einige Tage verteilt zu wiederholen ist besser, als alles sehr oft an einem Tag zu wiedeholen).
Lernen mit "Gedächtnisstüzen" tun wir, wenn wir das zu Lernende kombinieren mit bildlichen, persönlichen, überraschenden, humorvollen oder anderen Informationen z. B. mit einem Merksatz oder einem aussagekräftigen Bild.
Wir lernen Informationen besonders gut, die in Verbindung stehen mit Dingen, die wir aus unserem Alltag kennen. Wenn uns die Dinge dann später im Alltag wieder begegnen, werden wir dadurch an das Gelernte erinnert (Zitat oben: "selten gebrauchtes Detailwissen können wir schlecht behalten").
Wenn wir etwas erinnern wollen, ist es wichtig, dass wir diese Sache verstanden haben und wissen auf welchen Grundlagen sie aufbaut ("Elaboration = Verstehen ist entscheidend").
"Wir wenden uns nun der Frage zu, wie das Wissen von Experten organisiert ist ... Ihr Wissen ist nicht einfach eine Liste von Fakten und Formeln, die für ihren Bereich relevant sind, sondern ihr Wissen ist um Kernkonzepte oder "große Ideen" [Grundlagen] herum organisiert." (www.nap.edu/read/9853/chapter/5, S. 36 u.43)
Wir haben etwas gelernt und verstanden, wenn wir es auf eine neue Situation anwenden oder es einer anderen Person erklären können.
"Beim Verstehen geht es um den Transfer ... Von uns wird erwartet, dass wir das, was wir in einer Lektion gelernt haben, auf andere, verwandte, aber unterschiedliche Situationen anwenden können." (www1.ascd.org/publications/books/103055/chapters/Understanding-Understanding.aspx, 10.12.21)
"Wenn man etwas nicht einfach erklären kann, hat man es nicht verstanden."(Albert Einstein)
Um eine Sache zu verstehen, müssen wir sie analysieren und dann die richtigen Schlussfolgerungen ziehen.
"Eine Analyse ... ist eine systematische Untersuchung, bei der das untersuchte Objekt in seine Bestandteile (Elemente) zerlegt wird." (https://de.wikipedia.org/wiki/Analyse, 24.11.21)
Wir zerlegen also ein Objekt (einer Sache) in seine Bestandteile und dann müssen wir ...
Die Sache, die wir verstehen wollen, kann aus Bestandteilen bestehen, aber sie kann auch selber Bestandteil von etwas sein. So ist z. B. ein Motor der Bestandteil eines Autos und gleichzeitig besteht er selbst aus Bestandteilen. Um die Funktion des Motors zu verstehen, muss man die Beziehungen zwischen den Dingen innerhalb und außerhalb des Motors verstehen.
"Um die Bedeutung einer Sache, eines Ereignisses oder einer Situation zu erfassen, muss man sie in ihren Beziehungen zu anderen Dingen sehen: erkennen wie sie funktioniert und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, was sie verursacht und wie sie genutzt werden kann." (Dewey, J. (1933). How We Think: restatement of the relation of reflective thinking to the educative process. Boston, D.C. Heath and Co., S. 137)
Einfaches Beispiel: Berechne die Fläche des blauen Rechtecks
Die Figur wird in die Flächen zerlegt, aus denen sie besteht. Man erkennt, von der Fläche mit dem roten Rand muss man die 4 Dreiecke abziehen, um die blaue Fläche zu erhalten. Die Regel für die Berechnung der Fläche eines Rechtecks ist F = Seite a x Seite b. Die Fläche mit dem roten Rand ist ein Quadrat, deshalb gilt a = b. Die Fläche ist F = a x a = 8 m x 8 m = 64 m2. Die beiden grünen und gelben Dreiecke bilden zusammen auch Quadrate. Deshalb ergibt sich für die Fläche des blauen Rechtecks F = 64 m2 - 6 m x 6 m - 2 m x 2 m = (64 - 36 - 4) m2 = 24 m2
Die Fläche der Dreiecke könnte auch einzeln berechnet werden nach der Formel:
F = Grundseite x Höhe x 1/2 .
Wissen besteht aus Fakten und Regeln. In dem Beispiel sind die Längen der Seiten die Fakten und die Berechnungsformeln sind die Regeln.
Regeln sind bedingte Aussagen, die angeben, zu welchem Ergebnis man kommt, wenn eine bestimmte Bedingung erfüllt ist: wenn diese Bedingung erfüllt ist,
dann ergibt sich dies Ergebnis. Angewandt auf eine Formel heißt das: Wenn ich diese Rechenschritte durchführe, dann erhalte ich das gesuchte
Ergebnis (siehe auf Learn-Study-Work "Wie studieren?" bei "Was ist
Wissen?").
Beispiel: Bei der Interpretation eines poetischen Textes besteht eine Dreieckbeziehung zwischen der Autorin, ihrem Werk und dem Leser, die analysiert werden muss. Damit der Leser das Werk "richtig" interpretieren kann, sollte er wissen, nach welchen Regeln die Autorin den poetischen Text geschrieben hat (siehe auf Learn-Study-Work "Wie wird Literatur interpretiert?").
Analysieren ist eine Fähigkeit. Fähigkeiten lernt man indem man sie übt (durch anwenden). In jedem Fach und bei jeder Aufgabe können wir das Analysieren üben. Wenn wir das Analysieren erst einmal gelernt haben, dann geht es schnell, bringt Spaß und wir können das Gelernte länger erinnern.
Wie können wir etwas aus unserem Kurzzeit- in unser Langzeitgedächtnis bringen?
"Da die Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses auf durchschnittlich 3,5 (bis max. 5) Elemente begrenzt ist und sinnvolle Information besser behalten
wird als sinnlose, kommt es darauf an, 'Klumpen' (chunks) zu bilden. ... Dabei ist es egal, ob diese 'Klumpen' einzelne Buchstaben, Zahlen oder größere
Einheiten wie Wörter oder Sätze sind. ... Das „Klumpen“ klappt allerdings nur, wenn ein Vorwissen vorhanden ist ...
Erst das Langzeitgedächtnis ... sichert Wissen vor dem Vergessen ... Dabei geht das Gehirn denkökonomisch vor, d. h. es integriert, reduziert, generalisiert und abstrahiert: Informationen, die nicht integriert werden können, werden verdrängt ... Da das Gehirn in dieser Weise funktioniert, sollten wir es unterstützen, indem wir aktiv sog. 'Superzeichen' bilden, d. h. Schlüsselworte, Strukturen und Hierarchien (Ober- und Unterbegriffe), an denen entlang das Gedächtnis weitere Informationen durch Assoziationen rekonstruieren kann." (Rost, F. (2018) Lern- und Arbeitstechniken für das Studium. Springer VS, Wiesbaden, S. 52 - 54)
Was ist der wichtigste Satz in diesem Zitat bezüglich der Übergangs von Wissen in das Langzeitgedächtnis? "Dabei geht das Gehirn denkökonomisch vor, d. h. es integriert, reduziert, generalisiert und abstrahiert ..." Was sind die wichtigsten Wörter in diesem Satz? Es sind "reduziert" und "generalisiert".
Beispiel: Wir wollen die deutsche Geschichte so aufbereiten, dass wir sie nie wieder vergessen. Dazu müssen wir sie analysieren und dann auf die wichtigsten Ereignisse reduzieren (siehe auf Learn-Study-Work "Die deutsche Geschichte"):
Ich habe die Punkte logisch (nach der Zeit) geordnet und versucht für jeden Punkt eine Gedächtnisstütze zu finden. Trotzdem ist die Zahl von 9 Punkten zu groß, um sie dauerhaft zu erinnern. Entsprechend dem obigen Zitat müssen wir jetzt "integrieren", d. h. zusammenfassen (wobei wir einige Ungenauigkeiten in Kauf nehmen müssen). Vielleicht so:
So kommen wir zu der magischen Zahl von 3 Punkten, die man sich gut merken kann (3 Punkte sind optimal, aber 4 gehen auch noch). Wir sind zu einer "hierarchischen Struktur mit Ober- und Unterbegriffen" gelangt.
Wie vom Zitat gefordert müssen wir jetzt noch abstrahieren, d. h. eine allgemeine Schlussfolgerungen ziehen. Die sieht für mich persönlich so aus: In der deutschen Geschichte gibt es drei große Katastrophen: der 1. Weltkrieg, der 2. Weltkrieg und die Verfolgung der Juden. Den Grund sehe ich darin, dass es in Deutschland lange keinen starken Zentralstaat gab, weshalb die Entwicklung in Deutschland langsamer verlief als in den anderen europäischen Großmächten. Weil die deutschen Führer diesen Rückstand mit aller Macht aufholen wollten, kam es zu diesen Katastrophen.
Auf diese Art und Weise kann man den Prüfungsstoff für jede Klassenarbeit/Klausur vorbereiten (da braucht man für einem Thema wahrscheinlich 3 oder 4 Ebenen). Voraussetzung ist, dass man analysieren kann und so die Zusammenhänge versteht. Generalisierend kann man sagen:
"Strukturierte Informationen sind leichter zu merken und abzurufen als ungeordnete Informationen." (www.nature.com/articles/s41598-019-46908-z, 09.01.22)
"Herausragende Gedächtnisleistungen sind auch Gegenstand der Skilled Memory-Theory von Chase and Ericson (1981). ... Chase und Ericson (1981) konnten so demonstrieren, dass durch bedeutungshaltige Strukturierung und Entwicklung einer hierarchischen Abrufstruktur die Grenzen des Arbeitsspeichers deutlich überwunden werden können." (Hagemann, N., Tietjens, M., & Strauss, B. (Eds.). (2007). Psychologie der sportlichen Höchstleistung: Grundlagen und Anwendungen der Expertiseforschung im Sport. Hogrefe Verlag., S. 10)
Wenn wir unser Wissen hierarchisch aufbauen wollen, dann brauchen wir analytisch-kreatives Denken, denn meist bekommen wir das Wissen nicht vollständig präsentiert. Manchmal fehlt die Hauptaussage (wie z. B. bei der Literaturinterpretation) oder es fehlen Teilaussagen, die notwendig sind, um die Hauptaussage zu verstehen. Selbst wenn alle Aussagen vorhanden sind, müssen wir diese noch in die richtige (= logische) Reihenfolge bringen (siehe auf Learn-Study-Work "Einen verständlichen Text schreiben"). Auch um uns eine eigene Meinung zu bilden, brauchen wir ein analytisch-kreatives Denkvermögen (vielleicht sind einige Aussagen falsch oder sie lassen sich noch verbessern).
Für das Verstehen und das Erklären ist das Analysieren eine Voraussetzung:
Beispiel für eine Erklärung:
Wikipedia erklärt die Frage "Was ist Wissenschaft?" so:
"Das Wort Wissenschaft ... bezeichnet die Gesamtheit des menschlichen Wissens, der Erkenntnisse und der Erfahrungen einer Zeitepoche, welches systematisch erweitert, gesammelt, aufbewahrt, gelehrt und tradiert wird.[2]
(Wikipedia, 16.12.21)
Um diese Definition auf Wikipedia zu verstehen, müssten viele Fragen zu den verwendeten Begriffen beantwortet werden: Gehört alles Wissen eines Menschen zur Wissenschaft, auch das einfachste? Wie ist das mit der Zeitepoche gemeint? Wenn eine geforderte Eigenschaft (systematisch erweitert, gesammelt, aufbewahrt, gelehrt und tradiert) nicht erfüllt wird, ist es dann keine Wissenschaft? ... Leider werden diese Fragen von Wikipedia nicht beantwortet.
Ich habe "Wissenschaft als neues, resproduziertbares und nützliches Wissen" definiert und diese Definition auch erklärt (siehe "Was ist Wissenschaft?").
Wie logische Schlussfolgerungen ziehen?
Der letzte Schritt einer Analyse ist das Ziehen einer Schlussfolgerung. Eine Schlussfolgerung schließt von wahrheitsfähigen Aussagen, den Prämissen (Vorrausetzungen oder Annahmen, z. B. mathematisch Axiomen, wissenschaftlichen Hypothesen) auf eine andere Aussage, die Konklusion (die Schlussfolgerung). "Argumente bestehen aus Prämissen und einer Konklusion, wobei die Prämissen typischerweise die Konklusion begründen sollen." (https://de.wikipedia.org/wiki/Argument und https://de.wikipedia.org/wiki/Schlussfolgerung, 08.04.23).
Wenn wir "eine Sache, ein Ereigniss oder eine Situation" in die
Bestandteile zerlegt und über diese Bestandteile und ihre Beziehungen untereinander viele Informationen gesammelt haben, dann sind diese Informationen die Prämissen (Voraussetzungen), auf die wir
unsere Konklusion (Schlussfolgerung) stützen wollen. Dabei hoffen wir natürlich, dass unsere Informationen richtig sind (der Wahrheit
entsprechen).
Die Informationen bestehen aus Fakten und Regeln. Günstig ist, wenn wir eine bekannte Regel anwenden können: Wenn wir die Fläche eines Echtecks bestimmen wollen, dann müssen wir die Regel (Formel) für ein Rechteck kennen, dass sich die Fläche aus dem Produkt der Längen der beiden Seiten berechnet. Die Werte dieser Längen sind die Fakten, die wir wissen müssen.
Bei komplexen (komplizierten) Sachen/Ereignissen/Situationen ist dies nicht so einfach. Da gibt eine Vielzahl von Fakten und Regeln, die sich auch noch gegenseitig beeinflussen. Oft fehlen uns Informationen und wir können nicht sicher Schlussfolgern. Dann müssen wir kreativ werden, alle Möglichkeiten für das Unbekannte bedenken und dann die wahrscheinlichste Möglichkeit auswählen.
Die Fähigkeit richtig zu schlussfolgern, lernt man letztendlich nur durch Erfahrung, indem man es in ähnliche Situationen übt. Auf Learn-Study-Work wird das kreative Analysieren erklärt, siehe "Wie Situationen/Systeme analysieren" und "Wie kreativ werden" (die Texte sind allerdings nicht so einfach zu verstehen).
Leider gibt es Menschen, denen es zu mühsam ist alle notwendigen Informationen über eine Situation zusammenzutragen und auch die grundsätzlichen Fragen bezüglich dieser Situation präzise zu beantworten. Sobald sie eine erste Idee für eine Schlussfolgerung haben, beenden sie die Analyse (meistens ist die erste Idee ist nicht die beste). Vorschnelle Schlussfolgerungen sind meist falsch. Oft wird die Analyse auch nur dazu benutzt, eine vorgefasste Schlussfolgerung zu "beweisen".
"Ein respektvoller, gemeinschaftlicher Umgang miteinander und eine gute Lernatmosphäre – das wünscht sich jede Lehrkraft für ihre Klasse(n). ... Manche Schüler/-innen tun sich schwer, Anschluss zu finden und ein Teil der Klassengemeinschaft zu werden. Damit auch sie sich anerkannt und geschätzt fühlen, braucht es oft ein wenig Extra-Zuwendung. ... Nehmen Sie sich zwischendurch immer mal ganz bewusst die Zeit für ein kurzes Lob. ... Ein Lob, das positiv aufgenommen werden soll, muss ein berechtigtes Lob sein. Doch es gibt sicherlich immer wieder etwas, das tatsächlich lobenswert ist." (www.cornelsen.de/magazin/beitraege/acht-ideen-fuer-ein-besseres-miteinander, 0.11.22)
Lesen Sie auf Learn-Study-Work: "Was ist Respekt"
Einige Lernende denken, wenn eine gute Schülerin etwas einer weniger guten Schülerin erklärt, dann ist dies langweilig für sie. Aber jemand anderen etwas zu erklären, trainiert das eigene Denkvermögen.
"Betrachtet man einzig die Leistungen der Schüler, macht Südkorea offenbar einiges richtig: Bei der jüngsten [Pisa Studie] landete das Land in allen Bereichen (Lesen, Mathematik, Naturwissenschaften) weit vorn. ... Eine Schule, die im Sommer mit einem etwas gelockerten Lehrplan, mehr Sportanteilen und mehr Freizeitaktivitäten angetreten war, musste sich dem Elternwillen weitgehend beugen. Die Eltern verlangten nach weniger Freizeit und der Möglichkeit für Privatunterricht am Abend und am Wochenende." (www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/schuelerdrill-in-suedkorea-lernen-heisst-leiden-a-733533.html, 19.10.22)
Warum ist es besser, ohne übergroßen Stress zu lernen? Robert W. White schreibt über das Lernen im Kleinkindalter, aber es ist wahrscheinlich auch später gültig:
"Es gibt jedoch gute Gründe für die Annahme, dass ein starker Trieb [oder starker Druck] genau das falsche Mittel ist, um eine flexible, kenntnisreiche Handlungsfähigkeit gegenüber der Umwelt zu
gewährleisten. Starke Triebe führen dazu, dass wir bestimmte Lektionen gut lernen, aber sie schaffen keine maximale Vertrautheit mit unserer Umgebung.
Dieser Punkt wurde ... in einigen Experimenten von Yerkes und Dodson (1908) demonstriert. Sie zeigten, dass maximale Motivation nicht zum schnellsten Lösen von Problemen führt, insbesondere wenn
die Probleme komplex sind. Für jedes Problem gab es ein optimales Motivationsniveau, weder das höchste noch das niedrigste, und das Optimum war bei komplexeren Aufgaben niedriger." (White,
R. W. (1959). Motivation reconsidered: The concept of competence. Psychological Review, 66(5), 297–333)
Auch im Sport ist es vorteilhaft, wenn die Kinder am Anfang Spass haben.
"Die erste Phase der Sportbeteiligung, die Schnupperjahre, fand bei allen Teilnehmern im Alter zwischen 6 und 13 Jahren statt.
Die Eltern [von Spitzensportlern] bieten ihren Kindern die Möglichkeit, Sport zu genießen. Die Eltern der Kinder in den Stichprobenjahren [im Alter 6 - 13] waren dafür verantwortlich, ihr
Interesse am Sport zu wecken und ihnen die Möglichkeit zu geben, ein breites Spektrum an unterhaltsamen Aktivitäten auszuprobieren, ohne sich auf intensives Training zu konzentrieren. ... Einige
wichtige Elemente des Sporttreibens in den Stichprobenjahren sind die aktive Beteiligung des Kindes, die Freiwilligkeit und der Spaß an der Sache ..." (Côté, J. (1999). The influence of the
family in the development of talent in sport. The sport psychologist, 13(4), S. 401)
Kinder sollten also die Möglichkeit haben, ohne Druck Sachen auszuprobieren, um so zu einer "maximale Vertrautheit" zu kommen. Das zahlt sich später aus.
Eine Ursache, warum die Schülerinnen und Schüler in der Schule Stress haben sind die münlichen Noten, durch die sie in jeder Unterrichtsstunde unter Druck stehen. Sie raten sich untereinander: "Du musst im Unterricht einfach irgendwas sagen, damit es so ausssieht, dass Du Dich aktiv beteiligst." Es kostet Zeit und Nerven vielen mündlichen Beiträgen zuzuhören, wenn man weiß, dass sie nicht die wahre Meinung wiedergeben. Negativ ist auch, dass sich wegen der mündlichen Note viele nicht trauen eine Frage zu stellen, wenn sie etwas nicht verstanden haben.
"Auf die Frage 'Welchen Rat würden Gymnasiastinnen und Gymnasiasten der 8. Klasse den jüngeren Geschwistern geben, um besser durch die Schule zu kommen?' antworten diese wie folgt (in Anlehnung an Eder 1987, S. 187, zitiert in Ulich 2008, S. 212; gesamhaft mehr als 100%, weil Mehrfachantworten möglich waren):
94% Mitarbeit und Lernen
73% situationelle Anpassung (z. B. nicht negativ auffallen)
38% personelle Anpassung (Wohlverhalten gegenüber Lehrpersonen)
36% Ingratiation (z. B. 'Schleimen' oder 'Einschleimen')
22% demonstratives Engagenment ..."
(Chiapparini, E. (2012). Ehrliche Unehrlichkeit: Eine qualitative Untersuchung der Tugend Ehrlichkeit bei Jugendlichen an der Züricher Volksschule. Deutschland: Budrich UniPress, S. 62, www.google.de/books/edition/Ehrliche_Unehrlichkeit/2CdpDwAAQBAJ?hl=de&gbpv=1, 01.08.23)
"Zum Ende meines Studiums habe ich als Vertretungslehrkraft an einer Gesamtschule gearbeitet und erkannt, dass ich es mir nicht vorstellen kann, jeden Tag vor einer Klasse zu stehen. Es kostet sehr viel Energie, allen Kindern gerecht zu werden und dabei inhaltlich wie pädagogisch gute Arbeit zu machen. ... An der außerschulischen Bildung gefällt mir außerdem, dass man als Externe ganz anders wahrgenommen wird. Allein weil die Schüler:innen wissen, dass sie gerade nicht benotet werden, haben sie eine ganz andere Motivation." (www.spiegel.de/start/alternative-zum-lehramt-berufseinstieg-in-der-ausserschulischen-bildung-a-2599358f-005a-4b53-beea-5a258888662e, 01.08.23)
Es müsste ein Möglichkeit gefunden werden, dass die mündliche Note nur in einem begrenzten Zeitraum vergeben wird, so dass der meiste Unterricht streßfrei vonstatten gehen kann.
Einige Wissenschaftler sagen:
"Jede Disziplin hat ... eine andere Art, Fragen zu stellen und Probleme zu lösen ... Wir stellen hier fest, dass es zahlreiche Belege dafür gibt dass effektiver Unterricht fachspezifisch ist, und nicht auf einem Werkzeugkasten allgemeiner Lehrtechniken basiert." (Darling-Hammond, L., Flook, L., Cook-Harvey, C., Barron, B., & Osher, D. (2020). Implications for educational practice of the science of learning and development. Applied developmental science, 24(2), S. 116)
Jeder muss selber entscheiden, wie sie oder er in der Schule lernt bzw. lehrt. Natürlich ist jeder Fachunterricht "fachspezifisch", aber wer das Fachwissen gut analysieren kann, dem fällt das Lernen leicht und dem bringt es auch Spaß.
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